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30 | Vitales Nordhessen – eine Region für die Gesundheit Experten in der Region Was ist Fast-Track-Chirurgie? Dr. med. Franz-Josef Müller: Die Entwicklung von Fast Track hat ihren Ursprung in den USA, in England und in den Niederlanden. Dort wird die Methode als „Rapid Recovery“, also schnelle Wiederherstellung des Patienten nach einer Operation, bezeichnet. Fast Track ist ein Gesamtpaket von Maßnahmen, das die Behandlung vom Aufklärungsgespräch über Vorsorge und Änderungen in den Operationstechniken bis hin zur Nachbehandlung umfasst. Was bedeutet Fast-Track konkret für den Patienten? Müller: Der Patient kann im Idealfall das Einpflanzen eines Kunstgelenks schneller, leichter und mit weniger Schmerzen bewältigen. Es handelt sich um eine mittelschwere bis große OP mit aufwändiger Nachbehandlung, ein stationärer Aufenthalt ist nötig. Fast-Track-Patienten können sich in der Regel schneller wieder bewegen, das neue Gelenk beugen und strecken und nach fünf statt vorher sieben Tagen nach Hause gehen. Wie funktioniert Fast-Track? Müller: Zunächst werden die Patienten durch Gespräche auf den Eingriff vorbereitet, auch das korrekte Gehen an Geh-Stützen wird vorher geübt. Während der OP sind vor allem gewebeschonende Techniken wichtig. Muskeln werden nicht durchtrennt, sondern zur Seite gehalten. Es wird keine Blutsperre mehr angelegt, um die Wunde blutfrei zu halten, da diese den Muskel quetscht. Statt dessen operieren wir zügig und blutarm, offene Gefäße veröden wir mit einem Elektrokauter, einer Art stromführende Pinzette. Wie erreicht man mit Fast-Track blutarmes Operieren? Müller: Im Gegensatz zu früher ist oft nur noch eine statt zwei bis drei Drainagen nötig – und diese braucht der Patient auch nur kurzfristig für einen Tag. So entfällt das schmerzhafte Ziehen der Schläuche und sie behindern auch nicht bei der Mobilisierung. Wie reduziert Fast-Track die Schmerzen? Müller: Indem wir örtliches Betäubungsmittel während der OP direkt in die Wunde geben. Naht und Kapsel werden also betäubt, nicht aber der Nerv im Oberschenkel. Der Patient hat nach der OP somit weniger Wundschmerzen, kann aber die Muskeln seines Beins normal bewegen. Das heißt, er kann früh mit Bewegungsübungen anfangen. Für wen eignet sich Fast-Track? Müller: Es hängt vom Einzelfall ab, so etwa vom Alter des Patienten und ob er Begleiterkrankungen hat. Ich schätze, dass etwa 75 Prozent von der neuen Methode profitieren können. Wie sorgt Fast-Track für schnellere Genesung? Müller: Bei stabil eingepflanzten Prothesen sind Lagerungsschienen heute nicht mehr erforderlich. Für Patienten ist das gut, denn sie sind in ihren Bewegungen nicht so eingeschränkt. Sie müssen beispielsweise nicht mehr so lange auf dem Rücken liegen, können sich früh aufsetzen und teilweise bereits am ersten Tag im Zimmer herumgehen. Spätestens ab dem zweiten Tag können die meisten Patienten mit Unterarmstützen das Zimmer verlassen. Sie werden auch schneller wieder eigenständig, können allein auf die Toilette gehen, Treppen steigen und sich anziehen. Es geht primär um die Qualität der Behandlung und nicht darum, wann wir Patienten nach Hause schicken, aber viele können nach fünf statt wie früher nach sieben Tagen entlassen werden. Meines Wissens sind wir die einzige Klinik in Nordhessen, die dieses Verfahren anwendet. n Weniger Schmerzen, schneller wieder fit Eine gute Beratung ist eines der Erfolgsgeheimnisse von Dr. med. Franz Josef Müller. Foto: Orthopädische Klinik Hessisch Lichtenau Orthopädische Klinik Lichtenau e.V. führt neuartige Fast-Track-Chirurgie ein Fast-Track-Chirurgie. Die erste Vermutung des Laien stimmt: Es hat etwas mit Geschwindigkeit zu tun. Das bedeutet in der Praxis erheblich weniger Schmerzen während der Operation und gleichzeitig eine schnellere Erholung als bisher. Das neue therapeutische Konzept der Orthopädischen Klinik von Lichtenau e.V. eignet sich besonders für Knie- oder Hüftgelenks- Operationen. Chefarzt Dr. med. Franz-Josef Müller erklärt, wie das Verfahren funktioniert. Zur Person Dr. med. Franz-Josef Müller (61), Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, ist Chefarzt der Orthopädie und Traumatologie der Orthopädischen Klinik Hessisch Lichtenau, leitet auch das angeschlossene Nachsorgezentrum. Der Saarländer ist verheiratet und seit 28 Jahren in Hessisch Lichtenau.


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