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Vital und gesund Was tun, wenn Kaufen zur Sucht wird Das GLÜCK ist NUR GEKAUFT Viele Menschen gehen gerne „shoppen“. Für einige wird Einkaufen jedoch regelmäßig zum Rausch. Die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) rät Betroffenen zu einer Psychotherapie. Dies gelte besonders, wenn exzessives Kaufen mit weiteren psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angst-, Ess- oder Zwangsstörungen auftritt. Von Helga Kristina Kothe Für Kaufsüchtige ist nicht der Besitz einer Sache das Ziel, sondern das Kaufen selbst löst ein zumindest kurzweiliges Glücksgefühl aus. Und manchmal scheinen die Betroffenen vor allem die Zuwendung des Verkaufspersonals zu genießen. Doch das Glück ist von kurzer Dauer: „Der Kaufepisode geht eine Phase der Depression, Anspannung oder Langeweile voraus“, sagt Dr. Astrid Müller von der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Der Kauf wird kurzfristig als Befreiung, Vergnügen, Wohlgefühl oder Belohnung empfunden. Das Gekaufte wird meist nicht benutzt, sondern gehortet, vergessen und verschenkt. Während Frauen Kleidung, Schuhe, 22 | Vitales Nordhessen – eine Region für die Gesundheit Kosmetik, Lebensmittel und Haushaltsgeräte favorisieren, greifen Männer tendenziell zu modernen Technikartikeln, Sportgeräten, Autozubehör und Antiquitäten. Schon bald stellen sich Gewissensbisse und Scham ein. Die gekauften Gegenstände werden versteckt, gehortet, weggegeben oder einfach vergessen, berichten Patienten. Doch die Folgen der Erkrankung lassen sich nicht verbergen: „Viele Patienten haben substanzielle soziale, finanzielle und auch juristische Probleme“, sagt Müller. Sie ist überzeugt, dass zwanghaftes Kaufen eine häufige psychische Störung ist. Mehrere Untersuchungen zeigten bereits: Rund sieben bis zwölf Prozent der Deutschen zeigen Symptome zwanghaften Einkaufens. Tendenz steigend. Negative Konsequenzen werden von den Betroffenen verdrängt In aktuellen Studien geht Dr. Astrid Müller Ursachen der Erkrankung auf den Grund. Sie untersucht, ob die Kaufsucht dadurch entsteht, dass Patienten sich gegen die von der Werbung ausgehenden Impulse nicht wehren können. „Wir fanden wir Hinweise, dass zwanghaftes Kaufen durch grundsätzliche Persönlichkeitsvariablen begründet sein könnte“, sagt sie. Beispielsweise zeigten viele Patienten in einem Test zum Entscheidungsverhalten eine auffällige Risikobereitschaft, die mögliche negative Konsequenzen leicht vergessen lässt. Kaufsucht – in der Medizin auch Oniomanie genannt – tritt häufig in Kombination mit anderen psychischen Erkrankungen auf. Fotos: © Andrey Popov, pictworks - Fotolia.com


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