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Hans Stolp: Demenz: Wenn sich die Seele zurückzieht, 144 Seiten, 12,95 Euro, ISBN 978–3–89427–700–0, Aquamarin Verlag Vitales Nordhessen – eine Region für die Gesundheit | 19 Menschen mit Demenz können sich über die Sprache immer weniger ausdrücken. Gestik und Mimik werden mit der Zeit wichtiger. Wie können wir mit den Betroffenen kommunizieren? Man sollte die Symbolsprache der Kranken verstehen lernen. Wenn ein Demenzkranker sagt: Ich bin wie ein frei herumlaufender Hund, dann meint er: Mein Ich ist verschwunden. Es hat keine Führung mehr. Und wenn er sagt: Meine Füße schmerzen; dann möchte er eigentlich damit ausdrücken, dass es ihm schwer fällt, einen Weg zu finden. Sie haben viele Jahre in der Sterbebegleitung und in der Seelsorge gearbeitet. Ist es anders, Demente auf ihrem Weg in eine andere Welt zu geleiten? Bei allen Kranken fühlt man sich oft völlig machtlos. Bei Demenzkranken aber dauert diese Machtlosigkeit meistens jahrelang an. Hinzu kommt die Einsamkeit der Demenzkranken. Sie verstehen die Welt der anderen nicht mehr und können nicht mehr daran teilnehmen. Dennoch habe ich persönlich von Demenzkranken die Möglichkeit erfahren, mit dem höheren Selbst zu kommunizieren. Mir haben einige berichtet, warum sie diese Krankheit gebraucht haben. Was sie durch sie lernen sollten, und dass sie sich in dieser Zeit neu entwickelt haben. Für wen haben Sie Ihr Buch geschrieben? Für professionelle und familiäre Betreuer, ich möchte sie ermutigen und ihnen zeigen, dass Demenz nicht einfach sinnlos ist. Ich möchte ihnen klar machen, dass sie mit ihrem Engagement den Patienten helfen, ihr Karma zu tragen, und dass ihre Hilfe ebenfalls ein innerer Gewinn für sie selbst bedeutet. Sie werden für die versteckten Muster des Lebens sensibilisiert und lernen etwas über eine andere Welt abseits ihrer eigenen. Was ist Ihr wichtigster Rat an Angehörige, die sich um die Versorgung Dementer kümmern? Ich kann nur alle darum bitten, gut für sich zu sorgen, und sich rechtzeitig auch um fremde Hilfe zu kümmern. Viele Angehörigen, die einen Demenzkranken versorgen, werden krank, bekommen einen Burn-out und sterben früher. Man muss sich nicht schuldig fühlen, wenn man den geliebten Menschen in ein Pflegeheim bringen muss und die Pflege in professionelle Hände legt. Und welche seelische Stütze können Sie Angehörigen geben? Man sollte sich immer darüber im Klaren sein, dass zwar der Körper und das Gehirn zerfallen, aber was uns wirklich ausmacht sind unsere Seele und unser Geist und beide bleiben unberührt von der Krankheit. Sie bleiben heil. Wenn sich die Seele zurückzieht, ist Ihr Buchtitel. Für mich schwingt darin mit, dass es eine bewusste Entscheidung der Seele zu sein scheint, sich zu entfernen. Ich weiß nicht, ob das so ist. Für jeden Mensch wird es anders sein. Ich weiß nur, dass nichts, wirklich nichts umsonst passiert. Auch wenn ich nicht verstehe weshalb. Es ist dieses Vertrauen, das mir hilft, die Machtlosigkeit auszuhalten. n Quelle: Corinna Schindler/das freelance team Zur Person Hans Stolp, Pfarrer der holländischen Reformierten Kirche, ist in den Niederlanden so bekannt wie hierzulande Rüdiger Dahlke. Er hat viele Jahre in der Sterbebegleitung und in der Seelsorge gearbeitet. Er versteht auf einfühlsame Weise, in seinen Büchern und Vorträgen den Menschen die Gewissheit vom Weiterleben nach dem Tod und vom wunderbaren Wirken der Engel zu vermitteln. Seine Bücher sind von seiner jahrzehntelangen Erfahrung inspiriert und haben Menschen auf der ganzen Welt berührt. (www.hansstolp.nl)


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