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Gesund im Unternehmen

Gesunde Unternehmenskultur schaffen

Foto: istockphoto.comDie Zahl derer, die sich müde und ausgelaugt fühlen und deren Erschöpfung nicht mehr weichen will, steigt. Studien aus dem Jahr 2011 belegen, dass etwa 45 Prozent der Führungskräfte dauerhaft unter vitaler Erschöpfung leiden und dass seit dem Jahr 2000 die Zahl derjenigen, die von seelischen Erkrankungen betroffen sind, um 54 Prozent gestiegen ist. Insbesondere das Thema Burn-out beschäftigt immer mehr Mediziner, Arbeitspsychologen, Therapeuten und auch Beratungsunternehmen. Sie registrieren eine wachsende Anzahl derer, die sich wie in einem Hamsterrad aus Anforderungen gefangen fühlen und daran zerbrechen. Unaufhörlich wächst das Angebot an Coachings, Entspannungskursen und Kurangeboten. Doch löst dies das Problem? Nein.

Wir dürfen nicht nur in die Rehabilitation investieren, sondern in die Prävention – und zwar dort, wo der dramatische Anstieg seelischer Erkrankungen seinen Ursprung hat. Er ist Ausdruck einer gesellschaftlichen Fehlentwicklung. Hervorgerufen, durch sich immer stärker dynamisierende Märkte in allen Branchen, immer kürzere Innovations- und Prozesszyklen, immer schneller wandelnde Arbeitswelten. Die Menschen sind mit dem Tempo der Veränderungen überfordert. Einseitiger Forderung nach immer mehr quantitativem Wachstum steht ein Defizit an wertorientierten Unternehmenskulturen gegenüber. Unternehmen passen ihre Organisationssysteme diesen Bedingungen an und investieren einseitig in Technik und betriebswirtschaftliches Know-how – ohne dem Menschen und der Führungsentwicklung Beachtung zu schenken.

Was kennzeichnet die Arbeitswelt von heute?
● Wir befinden uns in der Ära der Globalisierung. Die Konkurrenz sitzt nicht mehr nebenan, sondern auf anderen Kontinenten. Die Geschäfte laufen rund um die Uhr. Ansprechpartner sind weit weg. Das Erfüllen von Vorgaben wird stumpf kontrolliert. Liefert man gute Arbeit, wird das nicht mehr direkt belohnt, sondern in Kennzahlen für die Aktionäre verpackt. Durch die globale Entgrenzung ist alles offen und Hierarchien sind nicht mehr verständlich. Zurück bleiben Druck und Ängste.

● Das Arbeiten ist geprägt durch flache Hierarchien, Team- und Gruppenarbeit, Großraumbüros, ständigen Kundenkontakt, einer Informationsflut und Multitasking. Zurück bleiben: Unkonzentriertheit, Ineffizienz, Überforderung, Reizüberflutung und Erschöpfung. Studien belegen, dass durch ständige Ablenkungen kaum jemand länger als drei Minuten am Stück konzentriert arbeitet und ständig wieder umschaltet. Das verschwendet im Durchschnitt 54 Arbeitstage pro Mitarbeiter

● Die Arbeitswelt hat sich in Bezug auf ihre Aufgabenstellung gewandelt: von der Funktionserfüllung zur Prozessoptimierung. Früher gab es konkrete Aufgaben – das Ergebnis war sichtbar. Heute wird eine Prozesskette begleitet – man muss ständig verschiedene Aufgaben im Blick haben. Doch wo beginnt ein Prozess und wo endet er? Wie viele Projekte werden verwirklicht? Zurück bleibt das Gefühl nie fertig zu werden und Erfolge zu sehen. Zurück bleibt Unzufriedenheit.

● Die ständige Erreichbarkeit führt zu einer Entgrenzung von Beruf und Privatem. 24 Stunden das ganze Jahr über erreichbar zu sein, führt dazu, dass wir nicht mehr erkennen, wann wir arbeiten und freie Zeit haben. Wir befinden uns im ständigen Stand-by-Modus um Ziele, Zeiten und Leistungen einhalten zu können. Zurück bleibt eine Daueranspannung – letztlich eine krankmachende Lebenssituation.

Selbstführung und Selbstmanagement lernen
Jeder kann selbst zu gesunder Leistung zurückfinden, indem man ein selbstbestimmtes Leben richtig definiert: Was will ich und was nicht? Ist ein voller Terminkalender nötig? Muss ich immer wieder denken „Ach ich könnte noch …“? Es gilt Struktur zu schaffen, Grenzen zu setzen, Ängste abzustellen, etwas zu verpassen und das Jammern zu stoppen. Eine positive innere Einstellung zur Arbeit bewirkt viel. Warum sagen wir nicht: „Ich möchte“ anstatt „Ich muss“. Struktur heißt auch, bewusst Pausen einzulegen und Phasen konzentrierten Schaffens einzuhalten. Nur wer die Aufmerksamkeit bewusst auf Dinge richtet, entfernt sich vom Multitasking. Selbstmanagement, und damit Verantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen, ist notwendig, um sich vor Überforderung, Dauerbelastung und Krankheit zu schützen.

Mitarbeitergesundheit ist Führungsaufgabe
Führungskräfte in ihrem Führungsstil zu schulen ist der Schlüssel zur Eindämmung von Stressleiden. Sind Führungskräfte im Dialog mit allen und gehen auf sie ein, sind sie kooperierend und motivierend, sorgen sie für einen professionellen, wertschätzenden Umgang, setzen sie anspruchsvolle und zugleich machbare Ziele, geben sie Rückmeldung und Lob, interessieren sie sich für den anderen als Mensch, sind die Mitarbeiter gesünder und effektiver. Doch nicht nur der Führungsstil ist Zeichen einer gesunden Unternehmenskultur, sondern auch die Organisationsstruktur. Der Weg der ständigen Prozessoptimierung ist kritisch zu sehen, klare Aufgaben und Funktionen helfen, dass er entsprechend seiner Fähigkeiten arbeitet. Auch kleinere Büroeinheiten und Wechselzonen für Entspannung, Konzentration und Besprechung sorgen für ein gesünderes Arbeitsklima. Ebenso Regeln für die Zusammenarbeit – beispielsweise Stoppschilder einsetzen, die konzentriertes Arbeiten signalisieren oder bewusste Kommunikation, die den Lärmpegel senkt. Regelmäßige Mitarbeitergespräche helfen, Veränderungen und Probleme zu erkennen. Im Tempo des Alltages für feste Rhythmen der Kommunikation zu sorgen, schafft Vertrauen und nimmt Ängste. Und: Vernetzen Sie sich als Unternehmen – mit Ärzten und Therapeuten. Denn Führung endet dort, wo Therapie beginnt.

Der totalen Erschöpfung ein Ende setzen
Wer sagt, „Wir können nicht anders als bisher“, irrt. Eine wertschätzende, aufmerksame und zielorientierte Unternehmenskultur ist eine Vorstufe zum Gesundheitsmanagement – eine gesunde Unternehmenskultur ein Gesundmacher und Erfolgsfaktor. Sie ist der Beginn, die Spirale der totalen Erschöpfung aufzulösen.

(Foto: istockphoto.com)

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