Rund 30 Millionen Deutsche erzeugen nachts unfreiwillig Geräusche. Der Grund für das Nerven zerrende Schnarchgeräusch kann eine zu schlaffe Rachenmuskulatur sein, die beim Einatmen im Luftstrom vibriert. Bei rund 800 000 Deutschen verschließt sich der Rachen jedoch ganz: Sie leiden unter dem Obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom.
Der Schnarcher im Bett nebenan ist ein Störfaktor – keine Frage. Wer glaubt, das Sägen sei eine Männerdomäne, der irrt. Zwar schnarchen im Alter von dreißig Jahren fünfzig Prozent der Männer, doch zwanzig bis dreißig Prozent der gleichaltrigen Frauen halten da locker mit. Schnarchen ist eine der häufigsten Schlaferkrankungen. Ebenso verbreitet sind Schlafatmungsstörungen, die in verschiedenen Formen auftreten. Die häufigste ist das Obstruktive Schlafapnoe-Syndrom. Und dann wird das Schnarchen gefährlich: Die bis zu zwei Minuten dauernden Atemaussetzer führen zu Sauerstoffmangel – mit gravierenden Folgen für Herz, Blutdruck, Zuckerstoffwechsel oder Stresshormone.
Sauerstoffmangel mit Folgen
Während der Nacht erwachen die Betroffenen mehrfach kurzzeitig, leiden oft unter Panik, Atemnot und Herzrasen. „Zurückzuführen sind diese Symptome auf gravierende Sauerstoffmangelzustände während des Schlafs“, erklärt Priv. Doz. Dr. Dr. Arwed Ludwig, Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichts-Chirurgie und Direktor der MGK Medizinische und Gesichtschirurgische Klinik Kassel. „Bei Tag leiden die Betroffenen häufig unter starker Morgen- und Tagesmüdigkeit, verminderter Leistungsschwäche und Kopfschmerzen“, sagt Ludwig. Ursache für den Sauerstoffmangel ist ein häufig im Abstand weniger Minuten wiederkehrender Kollaps des Schlundgewebes oberhalb des Eingangs zur Luftröhre. „Der Verschluss des Schlundes tritt nur im Schlaf auf, sobald sich das Muskelgewebe dort entspannt und nicht mehr ausreichend elastische Spannung gegen den Einatemsog aufgebaut werden kann. Der daraus resultierende Erstickungsstress bedingt neben den oft nur Sekunden dauernden Weckreaktionen, Beschleunigungen der Pulsfrequenz, Blutdruckspitzen sowie hormonelle Fehlregulationen“, erklärt Ludwig.
Stufenkonzept je nach Schwere der Apnoe
Die Therapie besteht in einem dem Schweregrad der Erkrankung angepasstem Stufenkonzept: angefangen bei einer Gewichtsreduktion oder dem Verzicht auf abendlichen Alkoholkonsum über eine operative Erweitung der Nasenhaupthöhle bis hin zu einer Versorgung mit einer Unterkiefer-Protrusionsschiene oder einer Elektromyostimulation. Die Unterkiefer-Protrusionsschiene wird individuell angepasst und schiebt den Unterkiefer nur wenige Millimeter nach hinten. Dadurch strafft sich der Rachenraum, was ein Zurückfallen der Zunge verhindert. „Die besten Erfolge werden bei Patienten mit leichter Schlafapnoe erzielt“, sagt Ludwig. Voraussetzung dafür sind ausreichend Zahnbestand, keine Parodontal- und Kiefergelenkerkrankungen. Bei der Elektromyostimulation wird die Muskulatur im Rachenraum trainiert und gestrafft, um den Verschluss des Schlundes zu verhindern.
Therapie mit Maske
„Eine sehr schwere Schlafapnoe erfordert eine nCPAP-Therapie. Hierbei wird zum Schlafen über eine die Nase umschließende Maske, Raumluft mit Druck in den Schlund geleitet“, sagt Ludwig. Diese Methode zählt zu den erfolgreichsten Therapien, ebenso wie Operationen, bei denen der Ober- und Unterkiefer versetzt wird, sodass die Muskulatur wieder gestrafft wird.
Es gibt noch andere OP-Verfahren: zum Beispiel die Straffung des Gaumensegels oder die Verödung des Gaumengewebes. Eine neues Verfahren wurde an der Charité in Berlin erprobt: die Implantation eines Zungenschrittmacher, der Atemstillstände in Schlaf und das Schnarchen unterbindet. „Während des Schlafs überwacht das System den Atemrhythmus und sendet bei Bedarf einen leichten Elektroimpuls an den Nerv der Zungenmuskulatur. Diese Stimulation bewegt die Zunge nach vorn. Atemverschluss wird verhindert, ohne den Patienten zu wecken“, erklärt Ludwig.
(Foto: istockphoto.com)
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