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Wie notorische Ja-Sager lernen, Grenzen zu ziehen Viele leiden darunter, dass sie nicht Nein sagen können, wenn Kapazitäten ausgeschöpft sind. Warum fällt das so schwer? Helms: Im Kern ist es die Angst vor Ablehnung, die Angst vor der Reaktion des Gegenübers, die einen Menschen Ja sagen lässt, obwohl ein Nein für ihn persönlich besser wäre. Unbewusst nehmen wir Konsequenzen des Neins vorweg, wie heftige aktionen, Wutausbrüche oder Menschen, die nur schlecht N nen, verfügen in der Regel nicht über Strategien und die Überzeugung, mit diesen Reaktionen des Gegenübers umgehen oder sie aushalten zu können. Auf Dauer überfordere ich mich aber, wenn ich es jedem recht mache. Wie entkomme ich dem Teufelskreis? Helms: Schauen Sie Ihrer längerfristig die Selbst- Nein Angst ins Auge. Finden Sie heraus, welche Gedanken Sie davon abhalten, Nein zu sagen. Welche Konsequenzen stellen Sie sich vor? Welche Folgen befürchten Sie? Oft sind diese Fantasien völlig überzogen. Arbeiten Sie vor allem daran, mit negativen Emotionen des Gegenübers umzugehen und bauen Sie Ihr Selbstwertgefühl auf. Das heißt, Nein sagen kann man lernen. Aber: Schaffe ich das auch alleine? Helms: Wenn Sie bereit sind, sich ehrlich zu hinterfragen und sich Ihren Ängsten zu stellen, können Sie eine Menge tun. Es ist jedoch völlig normal, dass das allein schwierig sein kann. Gerade wenn es darum geht, mentale Strategien zu erlernen und das Selbstwertgefühl zu stärken, kann die Unterstützung durch einen professionellen Coach gut sein. Ich muss lernen, keine Schuldgefühle zu haben und es positiv zu bewerten. Ein Nein ist also ein Zeichen von Stärke und nicht von Schwäche, ist eine Chance statt einer Einschränkung? Im Interview: Vicky Helms ist Beraterin und Mentalcoach für persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Mit ihrem Unternehmen Vicky Helms Erfolgstraining ist sie in Kaufungen zu Hause. ohne sich zu rechtfertigen. Bleiben Sie bei sich und verwenden Sie Ich-Aussagen. Vielleicht fällt Ihnen auch eine Alternative ein, die Ihrem Gegenüber weiterhilft. Was bedeutet das Nein-Sagen für betriebliche Prozesse und das Miteinander? Helms: In einem echten Team trägt jeder die verantwortung der Mitarbeiter. Chefs müssen klare Strukturen schaffen und diese immer wieder auf den Prüfstand stellen. Ein Nein bedeutet, eine Grenze zu ziehen. Wie profitieren wir davon? Helms: Unsere Leistungsfähigkeit beruht auf einer Balance von Belastung und Erholung. Durch Nein-Sagen an den richtigen Stellen – auch mir selbst gegenüber – schaffe ich mir Freiräume, um den Akku aufzuladen und anderen Bedürfnissen gerecht zu werden. Ein Nein anderen gegenüber ist ein Ja sich selbst gegenüber. Das stärkt längerfristig Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Vergessen Sie außerdem nicht: Nur wenn es Ihnen gut geht, können Sie anderen eine echte Hilfe sein. n Kleine Gefallen und Bitten, neue Aufträge und Projekte: Es sind nur zwei Buchstaben mehr – trotzdem fällt es vielen schwer, im Job dazu einfach mal „Nein“ statt „Ja“ zu sagen. Oft steckt dahinter die Angst, ein schlechter Kollege oder egoistischer Zeitgenosse zu sein. Nein zu sagen ohne schlechtes Gewissen, kann man lernen. Das tut gut und setzt Ressourcen frei. q e emotionale Rer gar Mobbing. Nein sagen köng Helms: Ein Nein bedeutet, die eigenen Grenzen zu schützen und die eigenen Bedürfnisse wertzuschätzen und zu respektieren. Ein g j Verantwortung für die ihm anvertrauten Aufgaben. Nur in Ausnahmen sollten die Strukturen durch das Übertragen von Aufgaben geändert werden. Nein-Sagen kann Schwachstellen in der Organisation sichtbar machen: zu viel Arbeit für zu wenige Mitarbeiter, falsche Verteilung, aber auch Mitarbeiter, die das Verschieben der eigenen Arbeit zur Strategie machen. Nein sagen kann natürlich zu Konflikten führen, fordert und fördert aber Ein „Nein“ befreit Von Helga Kristina Kothe Vitales Nordhessen – eine Region für die Gesundheit | 51 Nein ist auch Ausdruck dessen, dass Sie klar wissen, was Sie wollen und was nicht. Letztlich wahren Sie durch ein Nein Ihre Freiheit und sorgen für sich selbst. Man muss das Nein auch formulieren, argumentieren. Welche Tipps haben Sie? Helms: Nehmen Sie Ihren Gegenüber ernst. Hören Sie gut zu, manchmal verbirgt sich hinter dem oberflächlichen Wunsch ein Motiv anderer Art. Berücksichtigen Sie bei Ihrer bewussten Entscheidung, welche Konsequenzen ein Ja für Sie haben wird: Arbeitsaufwand, Zeit, Energie. Was müssen Sie zurückstellen? Wenn Sie ablehnen, signalisieren Sie, dass Sie grundsätzlich bereit sind zu helfen. Formulieren Sie klar und sachlich Ihren Standpunkt –


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